Odyssee 2012

Homer & Jazz
Die Odyssee in Bonn

pdf[1](erschienen 07/2012)

 

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Heiner Schmitz (© Gerhard Richter 2012)
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Frederik Köster (© Gerhard Richter 2012)

Homers Odyssee, dieses Mammutfrühwerk der europäischen Literatur, hat schon viele Künstler inspiriert, im Bereich der Oper von Monteverdi bis Händel, im Film von Fritz Lang bis Stanley Kubrick. Der französisch-brasilianische Film „Black Orpheus“ von 1959 schlug die Brücke zum Jazz mit der wunderbaren Filmmusik von Antonio Carlos Jobim und Luiz Bonfa, die dafür Songs wie „A Felicidade“, „Samba de Orfeu“ und „Manha de Carneval“ (in Englisch „Black Orpheus“) schufen, die zu Standards wurden.

In den letzten drei Jahren hat der Erftstadter Komponist, Arrangeur und Saxofonist Heiner Schmitz nun eine große Jazz Suite geschaffen, in der eine überzeugende Verzahnung von Homers Texten mit darauf abgestimmten Jazz-Kompositionen und Arrangements für Big Band gelang. Zur Veröffentlichung der Aufnahmen auf einer Doppel-CD im April 2012 konnte Heiner Schmitz eine Tournee organisieren, die die Band unter Mithilfe von Hans-Jürgen von Osterhausens Jazz am Rhein in den schönen und gutbesetzten Konzertsaal des Rheinischen Landesmuseums in Bonn führte. Die Besetzung des Konzerts war sehr ähnlich zur CD-Einspielung, also mit dem großartigen Christian Brückner als Rezitator von Homers Texten, Trompeter Frederik Köster als Jazz-Odysseus und dem Cologne Contemporary Jazz Orchestra unter Leitung von Heiner Schmitz, das mit einem Who is Who der Kölner

Jazz-Szene von Niels Klein und Francois de Ribeaupierre über Max von Einem und Andreas Schickentanz bis zu Matthias Bergmann und Jan Schneider besetzt war.

Die Einleitung begann mit einem dramatischen Solo Kösters, bevor die Band in einer spannenden Vielstimmigkeit loslegte. Christian Brückner rezitierte zunächst (anders als auf der CD) Homers altgriechisches Original, bevor er zur Erleichterung des Publikums in Deutsch weitermachte. Brückner, der vielbeschäftigte Sprecher von Hörbüchern und Synchronstimme von Robert de Niro, begeisterte mit seiner flexiblen sonoren Stimme und intelligent ausgefeiltem Vortrag, ganz wie ein Jazz-Solist. Heiner Schmitz hatte Ausschnitte der 12200 Verszeilen des Gesamtwerks in der deutschen Übersetzung von Johann Heinrich Voß ausgewählt, die Brückner jeweils im Wechsel mit Musik vortrug. Schmitz setzte mit seinen Kompositionen und Arrangements gekonnt Gegengewichte zur Dramatik der Texte, ließ aber den Musikern, allen voran Köster, auch immer wieder Freiräume zur solistischen Entfaltung. Die Rhythmusgruppe mit Pianist Jürgen Friedrich, Bassist Volker Heinze und dem hochdynamischen Schlagzeuger Jens Düppe hatte großen Anteil am mitreissenden Band Sound. Die Arrangements bestachen durch abwechslungsreiche mehrstimmige Satzführungen, die elegant in satte Ensemblepassagen mündeten, mit denen Schmitz den Spannungsreichtum der Texte in Musik umsetzte. Frederik Köster bewies seinen Status als einer der führenden deutschen Jazz Trompeter mit seiner Fähigkeit, Stimmungen durch Klang zu erzeugen, seinem solistischen Einfallsreichtum und auch seiner schieren Energie. Nach über 100 Minuten Konzertdauer war das Publikum begeistert und Heiner Schmitz erschöpft, aber sichtbar glücklich über die verdienten Früchte seiner mehrjährigen Arbeit.

Hans-Bernd Kittlaus

CD: Christian Brückner + Frederik Köster + Heiner Schmitz + Cologne Contemporary Jazz Orchestra: Odyssee, Bigband Records BIG 1004 (2 CDs)

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zu beziehen über Bigband Records