Vielfalt und viel Qualität
(erschienen im Jazz Podium 2/2019)
Zum neunten Mal organisierte das Kölner KLAENG Kollektiv das KLAENG Festival mit einem ungemein vielfältigen Programm an drei Abenden im Kölner Stadtgarten mit jeweils drei Bands. Die sieben KLAENG Mitglieder, allesamt Jazz Musiker, gestalteten das Programm wie immer demokratisch, ohne dabei Ecken und Kanten abzuschleifen.
Das Festival begann mit PHILM, dem Quartett um Tenorsaxofonist Philipp Gropper. Bassist und KLAENG Mitglied Robert Landfermann sowie Schlagzeuger Oli Steidle legten ein variables rhythmisches Fundament, auf dem Pianist Elias Stemeseder inspiriert solierte und Gropper schweißtreibende Tonsalven blies. Intensive Improvisation mit freien Elementen zum Auftakt. Die zweite Band stellte einen radikalen Genre-Wechsel dar. Das irische Quartett Clang Sayne um Sängerin und Gitarristin Laura Hyland bot irische Volksmusik, bei der Jazz-Elemente nur von Schlagzeuger Matthew Jacobson eingebracht wurden. Das war klanglich ansprechend, aber testete die Genre-Offenheit der Zuschauer. Das Duo mit Schlagzeuger Marcus Gilmore und Pianist David Virelles (siehe Interview) brachte typisch New Yorker Energie. Gilmore trommelte virtuos mit starker physischer Präsenz, Virelles legte ausdrucksstarke Läufe am Klavier darüber. Am Synthesizer schuf er faszinierende Klanglandschaften, die aber nicht immer integriert mit dem Rest der Musik wirkten.
Tag 2 startete originell mit einem unangekündigten A-capella Song des Vokalquartetts Of Cabbages and Kings, das damit auf ihre gerade erschienene CD aufmerksam machte. Das junge Kölner Sextett des Schagzeugers Leif Berger hatte einen respektablen Debut-Auftritt mit zeitgenössischem Jazz, der sowohl kompositorisch als auch solistisch überzeugte. Besonders spannend erwies sich die Kombination von Klavier und Synthesizer mit Felix Hauptmann und Yannis Anft. Das schweizer Avantgarde-String-Trio Kimmig-Studer-Zimmerlin brachte als Gast den Kölner Pianisten Philip Zoubek auf die Bühne. Gemeinsam zelebrierten sie virtuos und konsequent freie Improvisation, die das Publikum humorvoll mitnahm. Wiewohl erst 40, kann Saxofonist und Rapper Soweto Kinch als Vater der aktuellen schwarzen Londoner Jazz-Szene betrachtet werden. In Köln überzeugte er mit seiner gelungenen Integration von Bebop und Hiphop, machtvollen langen Solos am Altsaxofon über dem Power Drumming von Will Glaser und den wohlgesetzten tiefen Tönen von Bassist Nick Jurd, und intelligentem Rap mit charmanter Mitmach-Animation.
Pablo Held’s Buoyancy Band läutete Tag 3 ein. Dieses neue Quartett des Pianisten und KLAENG Mitglieds in ungewöhnlicher Besetzung bot gute Solos von Held und Percy Pursglove an Trompete und Flügelhorn über Helds ansprechende Kompositionen. Kit Downes an der Hammond Orgel schien seine eigene Stimme in dieser Band allerdings noch nicht gefunden zu haben und blieb in einer eher blassen Begleiterrolle. Die Festival-typischen starken Kontraste setzten sich fort mit dem Gesangstrio SKYLLA der Bassistin und Sängerin Ruth Goller. Der Auftritt funktionierte auf keiner Ebene, weder musikalisch noch gesanglich noch hinsichtlich der Präsentation. Die drei Damen hatten das Publikum sehr schnell verloren. Ganz anders das New Yorker Trio ZuperOctave des israelischen Gitarristen Gilad Hekselman, das seinen sympathischen Auftritt mit abwechslungsreichen Modern Jazz Kompositionen mit Einflüssen aus Rock und Elektronik bestritt. Neben Hekselman boten auch Pianist Aaron Parks und Schlagzeuger Kendrick Scott höchstes Niveau im Zusammenspiel und ihren Solos, und damit einen gelungenen Festivalabschluss.
Das KLAENG Kollektiv kündigte nach neun Jahren die erste Umbesetzung an. Der seit zwei Jahren in Köln lebende Saxofonist Sebastian Gille löst Niels Klein ab. Mit dieser Festivalausgabe gelang es, ein erfreulich junges Publikum mit einem anspruchsvollen vielfältigen Programm von überwiegend hoher Qualität anzusprechen. Man darf auf das zehnjährige Jubiläum 2019 gespannt sein, für das besondere Überraschungen in Aussicht gestellt wurden.
Hans-Bernd Kittlaus