Jazz Cruise 2018

Kreuzfahrt nach New Orleans

pdf[1] (erschienen im Jazz Podium 04/2018)

© Hans-Bernd Kittlaus 2018
Veronica Swift + Russell Hall by © Hans-Bernd Kittlaus 2018

Über 100 Spitzenmusiker, über 2.000 Passagiere, ein begeisterndes Programm und New Orleans als Station der Kreuzfahrt. Die wie immer ausverkaufte Jazz Cruise bot über eine Februar-Woche Straight Ahead Jazz vom Feinsten. Aus Platzgründen können hier nur einige Höhepunkte dargestellt werden.

John Clayton hatte eine zentrale Rolle auf der Cruise. Mit den Clayton Brothers spielte er energiegeladenen Hardbop. Bruder und Altsaxofonist Jeff Clayton zeigte sich in glänzender Form in der Tradition Cannonball Adderleys, Terell Stafford explodierte auf der Trompete, der junge Schlagzeuger Obed Calvaire trieb die Band kreativ an, und Pianist Danny Grissett ersetzte Gerald Clayton vorzüglich. Ein Horace Silver Tribute, zu dem Jeff und John Pianist Benny Green, seinen jungen Schlagzeuger David Alvarez und Trompeter Sean Jones einluden, geriet zur Sternstunde. John Clayton war erstmalig auch Leiter der All Star Big Band und brachte sie besser denn je zum Klingen. Mitreißend waren sein Tribute an Gerald Wilson und seine maßgeschneiderten Arrangements für Solisten wie Sängerin Roberta Gambarini, Saxofonaltmeister Houston Person oder Hammond Groover Joey DeFrancesco. Sean Jones gefiel auch als Trompetensolist in der Big Band, mehr noch in einer All Star Session, die Pianistin Renee Rosnes elegant leitete und die vom Schlagzeuger Lewis Nash auf hochmusikalische Weise angetrieben wurde.

Benny Green spielte inspirierte Sets im Trio mit Bassist David Wong und Alvarez. Er will durch bewussten Einsatz jüngerer Musiker „zurückgeben, was ich in meiner Zeit mit Betty Carter, Art Blakey und Ray Brown erfahren habe.“ So stieg er auch mehrfach bei Nachwuchssängerin Veronica Swift ein, auf deren nächster CD er spielt. Die 23-jährige begeisterte das Publikum auf den Spuren ihres Vorbilds Anita O’Day mit Scat-Gesang wie auch mit Balladen, begleitet vom exzellenten jungen Trio des immer besser werdenden Pianisten Emmet Cohen mit Bassist Russell Hall und Drummer Kyle Poole. Sängerin Nnenna Freelon schüttelte im Laufe der Woche ihre Erkältung ab, lieferte kreative Interpretationen von Standards und sprach offen über die ALS Erkrankung ihres Ehemanns Philip Freelon, Architekt vieler bekannter Gebäude in USA inklusive des kürzlich eröffneten National Museum of African American History and Culture in Washington, der im Rollstuhl im Publikum saß. Anat Cohen und Ken Peplowski bezauberten auf ihren Klarinetten. Als Passagier war der 11-jährige Pianist Brandon Goldberg dabei, der bei Marcus Miller und Monty Alexander einsteigen durfte und das Zeug hat, der nächste Joey Alexander zu werden. Miller zelebrierte ein Miles Davis Tribute, in dem er die verschiedenen Phasen von Davis‘ Karriere beleuchtete und dazu sogar akustischen Bass spielte. Seine Band war neu besetzt mit dem guten New Yorker Trompeter Russell Gunn, Kurt Rosenwinkel mit bluesigen Gitarrenlinien und Schlagzeug-Legende Lenny White. Weiterhin dabei waren Miller’s Altsaxofon-Protegé Alex Han und der brilliante Pianist Brett Williams.

© Hans-Bernd Kittlaus 2018
Eddie Henderson by © Hans-Bernd Kittlaus 2018

Erstmalig waren die Cookers auf der Cruise. Trotz des zunehmenden Alters der Beteiligten boten sie Hochenergie-Musik mit solistischen Höhepunkten vor allem von Tenorsaxofonist Billy Harper, Trompeter Eddie Henderson und Altsaxofonist Donald Harrison. Jeff Tain Watts ersetzte den erkrankten Billy Hart und trieb die Band mit hartem Power Drumming an. Die alljährlich stattfindende Gospel Hour erwies sich als bewegender Moment. Posaunist und Sänger Wycliffe Gordon hatte mit Gospel Musik aufgewachsene Musiker um sich geschart. Trompeter Byron Stripling brachte seinen Pianisten Bobby Floyd mit, Jeff Clayton blies soul-getränkte Altsaxofontöne, und Sängerin Niki Haris sang sich selbst und das Publikum zu Tränen. In New Orleans kam die Preservation Hall Jazz Band für zwei Konzerte an Bord, die sich deutlich vom traditionellen Jazz gelöst hat und viele Elemente anderer New Orleans Musikrichtungen einbaute. Schlagzeuger Herlin Riley brachte Trompeter Nicholas Payton und Pianist David Torkanovski für eine swingende Session mit. 2019 wird die Jazz Cruise auf einem neuen Schiff vom 19. bis 26. Januar stattfinden, allerdings nicht New Orleans anlaufen.

Hans-Bernd Kittlaus 25.02.18

www.thejazzcruise.com