Festival zum 10-jährigen Jubiläum
(erscheint im Jazz Podium 05/2016)
Tritt der Besucher durch den hohen Torbogen in der Kölner Südstadt, fällt der Blick zur Rechten auf die Glasfassade einer einladenden Bar. Für den Neuling bedarf es einer näheren Erkundung, um hinter der Bar den zweigeschossigen Ausstellungsraum zu entdecken, in dem zurzeit ausdrucksstarke Jazz Fotos gezeigt werden. Dahinter befindet sich der Saal, ursprünglich der Versteigerungssaal des historischen Kölner Pfandhauses, heute der Konzertsaal des Alten Pfandhauses. Das 10-jährige Jubiläum dieser Spielstätte wurde im März 2016 mit einem abwechslungsreichen Festival gefeiert.
Gründer und Manager Dieter Tiedemann, auch als Architekt und Bauherr für die Umwandlung von Pfandhaus in Spielstätte verantwortlich, hatte dazu überwiegend Musiker eingeladen, die in den 10 Jahren bereits gute Konzerte im Alten Pfandhaus gegeben hatten: „Die Momente, die in Erinnerung bleiben, sind gar nicht immer die großen Namen, sondern oft weniger bekannte Bands, die von der besonderen Atmosphäre des Pfandhauses inspiriert werden.“ Zum Start des Festivals spielte die isländische Pianistin Sunna Gunnlaugs ein Trio-Set, das isländische Ruhe mit der Energie der Stadt New York verband, wo sie 12 Jahre gelebt hatte. Die Vollblut-Entertainerin China Moses kam mit blutjunger Londoner Band und einem neuen Programm aus Eigenkompositionen, das ein weites musikalisches Spektrum zwischen Jazz und Pop abdeckte. Die enge Verbindung des Pfandhauses zur Kölner Jazz-Szene kam im Konzert des AP-Cologne International Quintet zum Ausdruck, in dem Pianist Martin Sasse mit den langjährigen Mitgliedern der WDR Big Band Trompeter John Marshall (USA), Saxofonist Johan Hörlen (Schweden), Bassist John Goldsby (USA) und Drummer Hans Dekker (Niederlande) swingenden Straight-Ahead Jazz bot.
In den 10 Jahren des Bestehens hat das Pfandhaus ein Who is Who der internationalen Jazz-Szene zu Gast gehabt, von Charles Lloyd und Jason Moran über Roy Haynes und Ron Carter bis zu Joe Lovano und James Moody, aber auch immer wieder deutsche Jazzer wie Michael Wollny und Heinz Sauer bis zu vielen Musikern der Kölner Szene. Dabei lag der Schwerpunkt immer auf Jazz, aber auch andere Musikrichtungen von anspruchsvollem Pop über Weltmusik bis zu Klassik fanden Eingang ins Programm. Dazu Tiedemann: „Ich war dankbar, daß in den ersten 5 Jahren Alexander Sandman als künstlerischer Leiter mit Veranstaltungserfahrung das Jazzprogramm aufgebaut hat. Seit seinem Ausscheiden 2012 wird die Programmauswahl ausschließlich durch mich vorgenommen.“
Das Festival ging weiter mit dem Duo mit Saxofonist Chico Freeman und dem schweizer Bassisten Heiri Känzig, die intime bis temperamentvolle Zwiegespräche führten. Da die Musiker in der Mitte des langgestreckten U’s auftreten, das die aufsteigend angeordneten Zuschauerplätze bilden, übertrug sich diese Intimität auch unmittelbar auf das Publikum. Peter Fessler sang – weitgehend ohne Text – im Duo mit Peter Weniger auf dem Sopransaxofon überwiegend brasilianische Songs. Der amerikanisch-französische Pianist Jacky Terrasson spielte ein virtuoses Solo-Konzert, in dem er Standards wie „Georgia“ mit Eigenkompositionen mischte. Zum Abschluss des Festivals zelebrierte der Clarinet Summit mit Gianluigi Trovesi, Theo Jörgensmann, Bernd Konrad und Annette Maye angetrieben von Schlagzeug-Altmeister Günter Baby Sommer das Jubiläum.
Im Alten Pfandhaus steht als nächstes ein Generationswechsel an. Dieter Tiedemann sieht sein Ziel erreicht: „Ich wollte beweisen, dass man eine solche Spielstätte ohne staatliche Subventionen betreiben kann. Das ist gelungen, indem wir unsere Räumlichkeiten für Firmenveranstaltungen vermieten und mit den Einnahmen den Konzertbetrieb unterstützen.“ Die designierte Nachfolgerin Christa Kamper hat langjährige Erfahrung im Jazz-Bereich als Agentin und Tour-Managerin, unter anderem für Lee Konitz. Seit über einem Jahr ist sie im operativen Geschäft des Alten Pfandhauses eingebunden: „Das Pfandhaus hat sehr erfolgreich gearbeitet. Das möchte ich fortführen bzw. ausbauen, in dem ich eigene Schwerpunkte setze, etwa das Pfandhaus als Begegnungsstätte zwischen Künstlern und Publikum oder auch eine stärkere Ansprache von Kindern mit Jazz. Das Wichtigste bleibt, das Programm und die Musik für das Publikum spannend zu halten.“
Hans-Bernd Kittlaus 02.04.16