The Bad Plus: Blunt Object – Live in Tokyo, Sony BMG 82876811242

The Bad Plus

Blunt Object – Live in Tokyo

Sony BMG 82876811242

Auf dem Höhepunkt der öffentlichen Diskussion über den Erfolg von The Bad Plus in USA sagte Pianist Ethan Iverson in einem Interview, wenn The Bad Plus normalen Mainstream Jazz spielte, fänden sie keine Beachtung, denn mit den großen Klaviertrios könnten sie nicht konkurrieren. Bei der vorliegenden Aufnahme aus dem Blue Note in Tokio aus dem Jahr 2004 vergaßen die Musiker diese Selbsterkenntnis allerdings. Wenn sie in Annäherung an Brad Mehldau die Eigenkomposition „Guilty“ pseudo-romantisch intonieren, klingt das eher langweilig. Ihr Markenzeichen, mit dem sie in den USA einen Erfolg erzielt haben, der e.s.t. in Europa entspricht, ist die Verschmelzung von Rockelementen mit dem klassischen Jazz-Klaviertrio. So sind sie etwa in „Do your sums – Die like a dog – Play for home“ in ihrem Element, wenn Schlagzeuger David King einen harten Rockrhythmus gegen Iversons Klavierspiel setzt und Reid Anderson dazu virtuos seinen Bass bearbeitet. Diese Kombination in Verbindung mit bekannten Pop- und Rock-Songs wie etwa Queen’s „We are the Champions“ spricht offenbar amerikanische Zuhörerkreise an, die sich nicht als Jazz-Fans bezeichnen würden. Diese Reintegration des Bastards Rock in den Jazz scheint ein Trend unserer Zeit, der nicht nur ökonomisch getrieben ist, sondern auch die musikalische Sozialisation der jungen Musiker-Generation widerspiegelt. Bei The Bad Plus klingt das manchmal recht spannend, manchmal erinnert es an den anarchischen Humor der deutschen Musikkabarett-Gruppe Ars Vitalis.

Hans-Bernd Kittlaus 24.05.06