Albert Mangelsdorff Quintett
Legends Live
Jazzhaus No. 101706
Nach den ersten fünf CDs mit Konzerten aus der Schatztruhe des SWR (vormals SDR und SWF)(siehe JP 1/2012) erscheinen nun drei weitere Aufnahmen. Ihnen gemeinsam ist die exzellente Klangqualität, stilistisch unterscheiden sie sich erheblich. Dizzy Gillespie als Miterfinder des Bebop war bei den Konzerten in Stuttgart und Frankfurt 1961 noch in exzellenter Verfassung und hatte ein großartiges Quintett dabei, aus dem vor allem der argentinische Pianist Lalo Schifrin – zum Beispiel in „The Mooche“ – hervorstach, der später als Filmkomponist weltbekannt werden sollte. Auch Leo Wright an Altsaxofon und Flöte hat gute Momente, so etwa sein Flötensolo über „Willow weep for me“. Doch Gillespie ist der unangefochtene Mittelpunkt, ob als Entertainer in „Oops-shoo-be-doo-be“ oder als ernsthafter Trompeter mit tänzerischer Leichtigkeit in „Kush“. Die Aufnahmen des Albert Mangelsdorff Quintetts entstanden 1964 in Freiburg und markieren den Durchbruch Mangelsdorffs zu einem Schwergewicht nicht nur des deutschen Jazz. Das Quintett war zuvor im Auftrag des Goethe-Instituts in Asien getourt und hatte zahlreiche musikalische Anregungen mitgebracht, die sich in den Kompositionen niederschlugen, so das „thailändische“ „Now Jazz Ramwong“, das „japanische“ „Sakura Waltz“ oder das „malaiische“ „Burungkaka“. Die Aufnahmen klingen noch heute modern und avantgardistisch, auch wenn Mangelsdorff seine Sound-Experimente noch nicht so auf die Spitze trieb wie in späteren Jahren. Das Quintett mit den Saxofonisten Heinz Sauer und Günter Kronberg sowie Bassist Günter Lenz und Schlagzeuger Ralf Hübner war bestens eingespielt. Das Konzert von Zoot Sims in Baden-Baden 1958 war hingegen eine reine Jam Session mit amerikanischen und europäischen Musikern, die sich gerade erst kennenlernten und von Titel zu Titel in unterschiedlichen Besetzungen agierten. Die amerikanische Seite vertraten Sims, ein Tenor- und Altsaxofonist der Lester-Young-Schule, der Posaunist Willie Dennis und der Schlagzeuger Kenny Clarke. Für Europa waren u.A. dabei der Wiener Saxofonist Hans Koller sowie Pianist Hans Hammerschmid und Bassist Peter Trunk. Das beginnt mit elegant swingenden Saxofonlinien von Sims und Koller über „All the things you are“, bevor sie sich mit ihren Klarinetten in Hammerschmids „Minor meeting for two clarinets“ sanft umspielen. Sims’ „Trottin’“ setzt schließlich einen fulminanten Schlusspunkt. Diese verblüffend gelungene Session ist ein gutes Beispiel für die intelligente Herangehensweise der damals verantwortlichen Rundfunk-Redakteure Joachim-Ernst Behrendt und Dieter Zimmerle. Schön dass sie jetzt in den Covers auch namentlich gewürdigt werden!
Hans-Bernd Kittlaus 03.10.12