As Time Goes By in Shanghai
Film von Uli Gaulke
Das Peace Hotel ist eine altehrwürdige Adresse in Shanghai. 1929 erbaut, galt es unter dem Namen Cathay Hotel bis 1949 als erstes Haus am Platze in der chinesischen Metropole. Seit 1956 firmiert es unter dem Namen Peace Hotel. Darin gibt es eine Bar, in der seit Jahrzehnten chinesische Musiker traditionellen Jazz amerikanischer Prägung der 1920er und 1930er Jahre spielen. Als diese Old Jazz Band – Durchschnittsalter über 75 – 2011 zum North Sea Jazz Festival nach Rotterdam eingeladen wurde, nahm der deutsche Filmemacher Uli Gaulke das zum Anlass für diesen Film, der mit großem Medienecho Ende November 2013 in deutschen Kinos anlief und sicher auch noch vom beteiligten WDR im Fernsehen ausgestrahlt werden wird. Herausgekommen ist dabei kein Musikfilm im eigentlichen Sinne, sondern eine berührende Dokumentation über chinesische Musiker fortgeschrittenen Alters und deren Schicksal in den Wirren der chinesischen Geschichte. Gaulke kommentiert nicht, sondern lässt die Bilder und vor allem die Musiker sprechen, die sich erstaunlich offen äußern. Sie lernten von amerikanischen Bands in Shanghai nach dem zweiten Weltkrieg. Schon ab 1953 hatten sie kaum noch Auftrittsmöglichkeiten, konnten nur heimlich üben, während der Kulturrevolution 1969 bis 1976 wurden einige über Jahre deportiert. Die Begeisterung für den Jazz haben sie bis heute behalten, auch wenn sie sich ihrer technischen Schwächen und der Geringschätzung durch moderne Shanghaier Musiker bewusst sind. Gaulke begleitet die Band nach der überraschenden Einladung, ihre Auswahl der jungen Sängerin Yin „Jazzmin“ Chen, die sonst nicht mit der Band auftritt, und schließlich die Reise nach Rotterdam. Beim Konzert im Rahmen des Festivals genießen die alten Herren am Ende die Sympathie und Aufmerksamkeit des Publikums, das freundlich über die Patzer hinweghört.
Hans-Bernd Kittlaus 01.01.14