Cécile McLorin Salvant
Dreams and Daggers
MackAvenue MAC 1120 (2 CDs)
Jazzmeia Horn
A Social Call
Concord Prestige PRS00112
Seit dreißig Jahren gibt es alljährlich den Wettbewerb für junge Musiker des Thelonious Monk Institute. Jedes Jahr wird ein anderes Instrument ausgewählt und in Konzerten von einer hochkarätig besetzten Jury ein Sieger bestimmt. Es ist bemerkenswert, wie groß die Zahl der Sieger ist, die heute zu den international führenden Jazz Musikern zählen, von Marcus Roberts über Joshua Redman und Jon Irabagon bis zu Ben Williams. Die letzten Gesangssiegerinnen waren Jazzmeia Horn (2015, jetzt 26) und Cécile McLorin Salvant (2010, jetzt 28), die gerade neue CDs vorgelegt haben. Jazzmeia Horn beginnt ihre CD mit “Tight“, einem Paradestück von Betty Carter, das sie in Phrasierung und Scat Gesang recht eng am Vorbild hält. Ihre brilliante Band mit Pianist Victor Gould, Bassist Ben Williams und Drummer Jerome Jennings liefert rasant schnellen Swing, aber im nächsten Stück “East of the Sun“ dann auch gefühlvolle Balladenbegleitung. Miss Horn’s Gospel Hintergrund bestimmt “Lift Every Voice and Sing“, das sie gekonnt mit Bobby Timmons‘ “Moanin‘“ kombiniert. Ihr expressives “Afro Blue“ erinnert entfernt an Abbey Lincoln. Insgesamt eine erfreulich frische zeitgemäße Interpretation der Jazz-Gesangstradition. Auch Cécile McLorin Salvant steht in dieser Tradition, hat aber bereits deutlich mehr Eigenständigkeit und Unverkennbarkeit entwickelt. “Dreams and Daggers“ besteht überwiegend aus Live-Aufnahmen, die sie mit ihrem exzellenten Trio mit Pianist Aaron Diehl, Bassist Paul Sikivie und Schlagzeuger Lawrence Leathers im Dezember 2016 im New Yorker Village Vanguard einspielte. Sie spielt virtuos mit Phrasierungen und ist eine Song Stylistin, in deren Interpretationen französischer Chanson-Gesang (“Si j’etais blanche“) ebenso einfließt wie New York Cabaret (“Mad about the boy“) und klassischer Jazz und Blues (“I didn’t know what time it was“, “Sam Jones Blues“). Sie koketiert mit ihrem vermeintlich schlechten Aussehen (“If a girl isn’t pretty“), das wohl auch Thema ihres eigenen Cover Designs mit extremen Schminkbildern ist. Das Publikum im Village Vanguard reagiert immer wieder enthusiastisch. Diese mitreissende Live-Atmosphäre wird leider mehrfach gebrochen durch Studio-Aufnahmen mit dominantem Streich-Ensemble, aber das erschüttert den Erfolg dieser Doppel-CD nicht. Hier ist eine Sängerin mit großen stimmlichen Möglichkeiten, die bereits einen überzeugenden eigenständigen Stil entwickelt hat. Beide Damen machen Hoffnung für die Zukunft des Jazz-Gesangs.
Hans-Bernd Kittlaus 31.08.17