Franco Ambrosetti
Zwei Karrieren – ein Klang
Verlag Dohr
Zu seinem 75-sten Geburtstag schenkte Franco Ambrosetti sich und uns bereits die exzellente New Yorker CD-Aufnahme „Cheers“ (enja, JP 10/17), jetzt liefert er die vorliegende Autobiographie. Der Trompeter gehört zu den wenigen professionellen Jazz-Musikern, die ihre Musikkarriere über lange Zeit mit einer erfolgreichen Tätigkeit außerhalb des Musikgeschäfts verbinden konnten. Die Vor- und Nachteile dieses „Doppellebens“ bilden den roten Faden des Buches. Ambrosetti erzählt seine Lebensgeschichte mit der Nüchternheit des Unternehmensmanagers. Sein recht autoritärer Vater Flavio hatte sich für die Leitung des Familienunternehmens in der italienischen Schweiz entschieden und seinem Jazz-Saxofonspiel zweite Priorität gegeben. Der mindestens so talentierte Franco hingegen wollte sich nie entscheiden und betrieb über Jahrzehnte beide Karrieren parallel, was zu zahlreichen Problemen und Konflikten führte. Er schildert seine Management-Herausforderungen eher abstrakt, dafür seine musikalischen Erlebnisse mit seinen Bands, zumeist prominent besetzt mit europäischen und amerikanischen Spitzenmusikern, ausführlicher. Dem Buch ist anzumerken, dass Ambrosetti es ohne Ghost Writer geschrieben hat. Es spiegelt seinen eleganten Stil als Mensch und Musiker wider, enthält viele Anekdoten und persönliche Fotos, aber deutet nur distanziert an, wo es weh getan hat. Zu finanziellen Aspekten schweigt Ambrosetti ganz; dabei würde man doch zu gern zum Beispiel etwas über seine Rolle bei der Finanzierung der von ihm mitgegründeten George Gruntz Concert Jazz Band erfahren, die in den ca. 40 Jahren ihres Bestehens immer mit zahlreichen amerikanischen und europäischen Stars gespickt war. Trotz dieser kleinen Einschränkungen ist das Buch lesenswert als Geschichte dieses bemerkenswerten sympathischen Europäers zwischen Jazz und Wirtschaft.
Hans-Bernd Kittlaus 26.05.18